Zur Perle herangewachsen
Jubiläum: 175 Jahre Nordseeheilbad Borkum
Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum, Borkum! Vor genau 175 Jahren wurde die erste Badeliste ins Leben gerufen, auf der man die Gästezahlen fortan genau registrierte. Diese Einführung im Jahre 1850 markiert für viele den eigentlichen Beginn der Geschichte Borkums als Nordseeheilbad. Im Folgenden erklären wir, wie sich die Insel zum schönsten Sandhaufen der Welt entwickelte.
175 Jahre Nordseeheilbad! Einleitend springen wir aber noch ein bisschen weiter zurück ins Jahr 1839. Seit ein paar Jahren kommen vereinzelt erste Sommergäste auf die Insel, die hier gegen Bezahlung in den teilweise spärlichen Häusern der Insulaner unterkommen dürfen. Auch der im niedersächsischen Hittfeld geborene Landchirurg Dr. Johann Georg Friedrich Ripking tritt in diesem Jahr seine Anstellung als Inselarzt auf Borkum an.
Er zeigt sich sogleich begeistert von der Insel, ist beeindruckt vom Gesundheitszustand der Insulaner und erkennt, dass dieser wohl u.a. auf die Wirkung des hiesigen Seeklimas zurückzuführen ist. Daraufhin beginnt Ripking damit, Zimmer an kranke Badegäste zu vermieten, die ‚an der Nordsee ihre verlorene Gesundheit restaurieren möchten’. 1846 gründet er ein Sanatorium zur Behandlung von z.B. an Hautkrankheiten leidenden Kindern und wirbt gleichzeitig in der damals schon erscheinenden Ostfriesischen Zeitung für entsprechende Erholungskuren auf Borkum.
Geburtsstunde des Seebads
Nachdem Ripking der Insel 1849 den Rücken zukehrt, übernimmt sein Nachfolger Landchirurg Ferdinand Friedrich Rohde. Er wirbt ebenfalls für den Ausbau Borkums zum Seebad und veröffentlicht verschiedene Zeitungsartikel, in denen er u.a. Borkums Vorzüge gegenüber Norderney hervorhebt: „Hier lebt man für wenig Geld und ungeniert; hier fühlt man den Druck der sogenannten Etikette nicht; hier kleidet sich ein jeder, wie es ihm beliebt.“ Doch nicht nur die Zwanglosigkeit der Gastgeber imponiert ihm. In weiteren Beiträgen in Festlandzeitschriften lobt er zudem deren Freundlichkeit und Bereitschaft, Besucher für solide Preise zu beherbergen. Nicht zuletzt führt sein aktives Werben dazu, dass im Jahr 1850 gleich 252 Sommergäste auf die Insel kommen – während es im Jahr zuvor noch lediglich 100 gewesen sein sollen. Und nicht nur das: Der Landchirurg Rohde erreicht außerdem, dass ab 1850 sogenannte Badelisten eingeführt und die Gästezahlen fortan genau registriert werden – die Geburtsstunde des Nordseeheilbades.
Erfolgreiche Entwicklung
In der folgenden Zeit wächst die Besucherzahl immer rasanter, sodass die Borkumer zunehmend zu Gastgebern reifen. So errichtet der Gastwirt Jan H. Visser 1852 neben seinem Haus ein großes Sommerzelt mit dem Namen „bei Mutter Visser“ (in der heutigen Wilhelm-Bakker-Straße neben dem Rathaus), in dem Gästen erstmalig warme Speisen angeboten werden. Zudem wird ein Weg von der Ortsmitte zum Weststrand verlegt und man verbessert die ‚Infrastruktur’ am Strand durch die Errichtung eines großen Holzschuppens, in dem Gäste sich umziehen können.
Noch attraktiver wird das Reiseziel Borkum durch die 1856 erfolgte Inbetriebnahme der Hannoverschen Westbahn von Rheine nach Emden. Nun reisen auch immer mehr Gäste aus Westfalen und dem Rheinland an, die ab 1857 von Dampfschiffen auf die Insel gebracht werden.
Gründung der Badekommission
Ab jetzt geht alles Schlag auf Schlag: 1858 entsteht mit dem Uhlenkampschen Gasthof direkt neben dem Alten Turm (heute „Haus am Alten Leuchtturm“) das erste Hotel mit Speisesaal. 1860 werden Badekutschen bzw. -karren aufgestellt, um den aufkommenden Badetourismus zu fördern. Und 1861 wird schließlich eine Badekommission, quasi der Vorgänger der heutigen Nordseeheilbad Borkum GmbH, ins Leben gerufen, die sich fortan um die Regelung der Finanzen des Seebades, die Festlegung von Mieten und Verpflegungspreisen, die Vermietung von Badezelten und -kutschen sowie um die Wahrnehmung aller sonstigen Interessen zur Förderung des Bades kümmert.
Neben der Schaffung von Attraktionen wie der Errichtung einer Warmwasser-Badeanstalt setzt sich die Badekommission zudem für einen Mindeststandard bei der Unterbringung der Gäste ein. So lässt sie beispielsweise in den Häusern Kurgäste beherbergen, alte Wandbetten durch moderne Betten ersetzen – und fertigt bequeme Sofas an, die den gastgebenden Insulanern mietweise überlassen werden. Nicht zuletzt aufgrund der Bemühungen der Badekommission steigt die Gästezahl in der Folgezeit immer mehr an. So verzeichnen die Badelisten im Jahre 1869 998, im Jahr 1871 1.422 und im Jahr 1880 schon 2.310 Feriengäste.
Gästezahlen steigen rasant
Während die touristische Infrastruktur immer weiter wächst, wird auch die Anreise deutlich einfacher. Mussten Gäste zuvor von den Dampfschiffen noch auf kleine Boote umsteigen, um zu den im flachen Wasser wartenden Pferdekutschen zu gelangen, die sie schließlich in den Ort brachten, erwarten sie ab 1888 geradezu luxuriöse Bedingungen. Denn dank des Baus des Reededamms, einer gezeitenunabhängigen Anlegestelle sowie der Inbetriebnahme der Inselbahn können Gäste das heutige Nordseeheilbad fortan weitaus bequemer erreichen. Und so wundert es auch nicht, dass im Jahre 1890 bereits 6.121 und zehn Jahre später sogar rund 16.000 Erholungssuchende nach Borkum kommen.
Badekommission schafft Attraktionen
In der Zwischenzeit sind auf der Insel prächtige Hotels entstanden, die sich in ein mondänes Kurviertel eingliedern. Und auch die Badekommission ist nicht tatenlos. So organisiert sie Kurkonzerte im Musikpavillon, unterstützt die Errichtung von Milchbuden, schafft mit Wandelhalle und -bahn einen hervorragenden gesellschaftlichen Treffpunkt und hilft der Gastronomieszene zu wachsen.
Lediglich unterbrochen vom Ersten (1914 – 1918) und Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945), als Borkum zur Seefestung erklärt und Touristen der Zugang verwehrt wird, strömen weiterhin Tausende Urlauber auf den schönsten Sandhaufen der Welt. Besonders in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg steigt die Gästezahl stark an. Neben Hotels, Pensionen und Ferienunterkünften eröffnen neue Lokale, denen Restaurants, Bars und Beherbergungsbetriebe folgen. Am 5. September 1949 erhält Borkum schließlich die staatliche Anerkennung als Meeresheilbad, was noch mehr Aufschwung verleiht.
Nachdem auch in den 1950er- und 1960er-Jahren ein nahezu kontinuierlicher Anstieg der Gästezahlen zu verzeichnen ist, gibt es einen nochmaligen Schub durch den Einsatz von Autofähren ab 1968. Nicht zuletzt dadurch erhöht sich die Besucheranzahl in den darauffolgenden drei Jahren von 71.903 auf 95.432.
Nicht auf Lorbeeren ausgeruht
Selbstverständlich ruht sich aber niemand auf diesen Lorbeeren aus, sodass der Ausbau der touristischen Infrastruktur seit jeher weiter vorangetrieben wird. So eröffnet 1970 das Meerwasser-Wellen-Hallenbad (an dessen Stelle wird 2005 das Gezeitenland errichtet), 1977 wird das Haus des Kurgastes (= Kulturinsel) eingeweiht und für die jüngsten Gäste 1991 ein Kinderspielhaus geschaffen. Außerdem arbeitet die Nordseeheilbad Borkum GmbH bis heute fortlaufend an einem attraktiven Unterhaltungs- und Veranstaltungsprogramm, lockt bekannte Künstler und Musiker in die Kulturinsel oder den Musikpavillon, sorgt für abwechslungsreiche Strandanimation, Gesundheit-, Sport- sowie Freizeitangebote und kümmert sich darum, Attraktionen neu aufleben zu lassen.
Dank dieser Bemühungen sowie des Einsatzes der Borkumer Gastgeber und Gastronomen steigt die Gästezahl immer weiter an, sodass bereits 2017 erstmalig die 300.000er-Marke erreicht wird. Aber auch das ist für die Verantwortlichen noch lange kein Grund sich zurückzulehnen. Vielmehr stellen sie mit den Projekten „Borkum 2030“ und „Borkum 2030+“ schon seit einigen Jahren die Weichen für die Zukunft – und arbeiten dabei eng mit Insulanern und Gästen zusammen. Ob die Hafenentwicklung, die Errichtung eines Offshore-Quartiers, Bestrebungen, die Insel klimaneutral zu gestalten, die Neuausrichtung der Borkumer Veranstaltungen, die Attraktivierung des Kurviertels oder die angepeilte Grunderneuerung der Kulturinsel – derzeit werden viele wichtige Schritte geplant und in die Wege geleitet, sodass Borkum zuversichtlich in die Zukunft schauen kann.
Übrigens: Um das 175-jährige Jubiläum gebührend zu zelebrieren, plant die Nordseeheilbad Borkum GmbH gemeinsam mit der Stadt Borkum über das Jahr verteilt spannende Aktionen und Events. Mehr dazu finden Sie hier: www.borkum.de/175Jahre
Sehr schöne Zusammenstellung, bin bereits seit ca. 20 Jahren regelmäßig Gast und finde den Bericht sehr passend. Wird es zum Jubiläum eine Festschrift geben? Habe großes Interesse, habe aktuell schon eine stattliche „Borkum-Bibliothek“.
Moin Dieter, so etwas ist in Planung, liebe Grüße 🙂